Ein weiterer „Berufszweig“, aus dem viele Kurtisanen stammten, waren die Marketenderinnen, die im Zuge des spanischen Heeres nach Italien gezogen waren. Etliche Geistliche brachten auch selbst ihre Geliebten mit. Kurtisane konnte aber nicht jede werden, und es konnte auch nicht jeder zu ihnen gehen. Die Frauen mussten über eine breite Bildung verfügen, z. B. mehrere Sprachen sprechen, Instrumente beherrschen und singen können sowie das Schreiben, oft auch Dichten beherrschen. Wer sich ihre Gunst und ihre Dienste gönnen wollte, brauchte viel Geld und eine hohe gesellschaftliche Stellung – es waren ökonomisch und rational denkende Frauen, die sich mit viel Geschäftssinn verkauften und durchaus nicht jeden Kunden annahmen. Legendär ist die Abfuhr, die Kardinal Richelieu von der Kurtisane Ninon de Lenclos bekam. Er bot ihr 150.000 Goldmünzen, wenn sie seine Geliebte werden würde – doch sie lehnte ab. Ein fundamentaler Wandel war eingetreten.
Fürsten und Kleriker konnten sich vor 100 Jahren mehr oder weniger die Frau nehmen, die sie begehrten – und nun mussten sie bitten und für die Dame auch noch bezahlen. Vor allem die königlichen Mätressen hatten eine bevorzugte Stellung inne. Während die weiteren Geliebten und Hofprostituierten z. B. von König Heinrich IV. von Frankreich in Häusern außerhalb des Hofes untergebracht waren, lebte seine erste Mätresse Henriette d`Entrague am Hof, der Königin räumlich gleichgestellt. Auch wenn Heinrichs Ehefrau Maria de Medici protestierte, so half das doch wenig. Die Mätresse wurde mehrfach geadelt und nur zugunsten der nächsten Mätresse Gabrielle d`Estrées musste sie den Hof verlassen, nicht aufgrund der Klagen der Ehefrau.
Diese wunderschönen Frauen wurden oft für die Nachwelt in Bildern festgehalten. Wolfram Fleischhauer hat mit Die Purpurlinie einen faszinierenden Roman über eines dieser bekannten Gemälde geschrieben, das Gabrielle d`Estrées zeigt. Das Problem der Nachkommen in Zeiten ohne sichere Verhütung war relativ pragmatisch geregelt. Bekam eine ihrerseits verheiratete Mätresse ein Kind, galt dieses Kind als Kind des Ehemanns, der mit bestimmten Vorteilen entschädigt wurde. War sie selbst ledig, wurden die Kinder legitimiert. Meistens wurden aus solchen Verbindungen stammende Kinder gut versorgt: die Töchter wurden mit Hochadeligen verheiratet, die Söhne zwar aus der Thronfolge ausgenommen, aber mit hohen Posten in der Armee oder Kirche bedacht. Auch gegen die Kurtisanen mehrten sich natürlich Stimmen, die gegen sie wetterten, sodass man auch in diesem Fall wieder versuchte, das Kurtisanentum einzugrenzen. Es gab Verbote eine Kutsche zu gebrauchen, was für die Kunden wie für die Kurtisanen eine riesige Einengung war, oder aber auch die Verbannung in eigene Stadtteile.
Diese und weitere Maßnahmen engten das Leben der Kurtisanen drastisch ein, aber sie durften, wenn sie sich an die Vorgaben hielten, innerhalb ihrer Grenzen leben und arbeiten. Aufstieg und Fall einer Kurtisane waren allerdings oft gleichermaßen rasant. Wenn auch einfache Mädchen es bis in die höchsten Betten schaffen konnten, so traf viele doch beim Verstoßen gleichermaßen die gesellschaftliche Ächtung und damit auch die drohende Armut. Nur wenige schafften es, über die Zeit der eigenen Gunst hinaus Einfluss auf den Geliebten zu behalten.