Ursula Poznanski auf der ganz großen Bühne!

Die Inszenierung von Richard III. am Burgtheater trieft förmlich von Theaterblut, daher fällt kaum jemandem aus dem Publikum die echte Leiche auf der Bühne auf. Ulrich Schreiber, altgedienter Garderobier, wird tot auf einem Thron sitzend von der Unterbühne ins Rampenlicht gefahren. Die Tat löst Entsetzen und Ratlosigkeit gleichermaßen aus: Schreiber war allseits beliebt, ein unauffälliger Mann ohne Feinde. Anders als das nächste Opfer, das weitaus prominenter ist …

Böses Licht

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Ursula Poznanski

Ursula Poznanski

Ursula Poznanski lebt mit ihrer Familie in Wien. Die ehemalige Medizinjournalistin ist eine der erfolgreichsten Autorinnen deutscher Sprache: Mit ihren Jugendbüchern und Thrillern für Erwachsene ist sie Jahr für Jahr ganz oben auf den Bestsellerlisten zu finden, ihre begeisterte Leserschaft hat ihr zu einer deutschen Gesamtauflage von bereits über 4 Millionen Exemplaren verholfen.

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PROLOG

Es war einer der Abende, an denen Jasper Freysam am liebsten auf Knien gerutscht wäre aus Dankbarkeit für seinen Beruf. Einer der Abende, an denen er mit Text und Rolle verschmolz, mit Shakespeares Worten, mit der Wucht des Dramas. An denen er sich gewissermaßen auflöste in Richard von Gloucester.

Gleich würde er tatsächlich auf Knien rutschen, kriechen würde er, bis Richmond ihm das Schwert erst in die Seite, dann in den Rücken stach und damit seinem Leben ein schmerzvolles Ende setzte.

Schon jetzt keuchte Jasper vor Schmerz, und nichts davon war gespielt. Für die Darstellung des fehlgebildeten Richard hatte er sich ein Hinken mit verdrehtem rechtem Fuß und eine verkrümmte Haltung des linken Unterarms antrainiert, die einzuhalten ab Ende des vierten Akts fast nicht mehr zu ertragen war.

Richards Qualen waren seine Qualen, Richards Verzweiflung seine eigene. Sie waren jetzt bereits im fünften Akt, das Ende war nah. Noch ein paar Sekunden lang gehörte Jasper die Bühne alleine, das Schlachtengetümmel bestand aus übergroßen Projektionen, aus Schatten, gegen die er sein Schwert schwang. Todesschreie und das metallische Klirren der Waffen drangen von allen Seiten aus den Lautsprechern.

Einen kurzen Moment lang schweiften seine Gedanken ab. Zu dem Tisch im Fabios, der nach der Vorstellung auf ihn wartete, zu der Flasche Brunello, die er dort immer bestellte. Zu Aurora, die er gleich wiedersehen würde.

Doch sofort kehrte sein Fokus zurück zu Richard, zu Shakespeare, zur Schlacht. Er stolperte rückwärts bis zu der hüfthohen Rinne an der rechten Bühnenseite, durch die die ganze Zeit über Kunstblut floss, tauchte eine Hand hinein und beschmierte sich Gesicht und Harnisch.

»Soll’n wir besiegt sein«, schrie er, »nun, so sei’s durch Männer, und nicht durch die Bastarde von Bretagnern.« Kurzes Innehalten. »Horcht! Ich höre Trommeln!« Die dumpfen Schläge setzten ein, und zu ihrem Klang löste sich Samuel in der Rolle des Richmond langsam aus der Gasse, in der er auf seinen Auftritt gewartet hatte. Jasper breitete die Arme aus und vollführte kreisende Bewegungen mit seinem Schwert.

»Ich denk’, es sind sechs Richmonds hier im Feld. Fünf schlug ich schon an seiner Stelle tot!« Der Hebemechanismus der Unterbühne setzte sich mit kaum hörbarem Surren in Gang. Samuel kam näher, einen abgeschlagenen Kopf in der linken, das Schwert in der rechten Hand. Mit einer nachlässigen Bewegung warf er den Kopf in die Blutrinne und schritt auf Jasper zu. Keuchend, ein Feldherr am Ende der Schlacht. »Ein Pferd!«, schrie Jasper, die Stimme eine Mischung aus Angst und Überheblichkeit. »Ein Pferd! Mein Königreich für ein Pferd!«

Gleich würde langsam und bedrohlich der Thron auf der Bühne auftauchen, würde aus der Versenkung ins Scheinwerferlicht gehoben. Dieser Thron, für den Richard so gnadenlos gemordet hatte. Ein windschiefes, vergoldetes Gebilde, von dem Blut tropfte. Samuel war nun fast da, Dreck und Blut im Gesicht. Er wischte sich mit dem Unterarm über die Stirn. Hielt kurz inne. Dann stürzte Richmond sich mit einem Schrei auf Richard. »Ein Pferd«, brüllte Jasper erneut die berühmten Worte. »Ein Pferd! Mein Königreich …« Der Thron war nun auf Bühnenniveau angekommen, etwas rastete ein, die hohe Lehne warf, wie von der Inszenierung vorgesehen, einen Schatten auf Richard und Richmond.

Gleich würde Samuel zum tödlichen Stoß ausholen, würde dem mörderischen König ein ebensolches Ende bereiten, doch stattdessen senkte er den Arm mit der Waffe und starrte in Richtung Thron, dann zum Inspizientenpult. Ließ das Schwert fallen und legte sich eine Hand vor den Mund, bevor er loslief, an Jasper vorbei auf den Thron zu. Auch Jasper wandte den Kopf. Später würde er sich fragen, ob es seiner inneren Verschränkung mit Richard zu verdanken war, dass es mehrere Sekunden dauerte, bis er begriff, was er sah. Zuerst hätte er beinahe gelacht. Sich dann über die Dummheit der Bühnenarbeiter geärgert. Zuletzt an einen unprofessionellen Streich geglaubt, der seine strahlende Darbietung ins Lächerliche ziehen sollte.

Auf dem rost- und blutverkrusteten Thron saß jemand. Oder hing, genauer gesagt, halb über der rechten Armlehne. Der Kopf mit dem dünnen, graublonden Haar war auf die Brust gesunken, die ebenso blutbesudelt war wie Jaspers eigene. Nur das Rot war dunkler. Der Vorhang fiel.

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