Der weltbekannte LGBTQIA*-Mönch über die Kraft der Selbstliebe
Kodo Nishimura verbringt sein Leben zwischen einem buddhistischen Kloster in Tokio und den Fashion-Shows dieser Welt. An einem Tag trägt er traditionelle Mönchsgewänder und am nächsten glitzernde High Heels. Der LGBTQIA*-Aktivist und Make-up-Artist erzählt, wie der Buddhismus ihm dabei geholfen hat, sich nicht mehr als Außenseiter zu fühlen und seinen eigenen Weg zu finden. In seinem Ratgeber erklärt er, wie wir zu uns stehen können, ohne uns für unsere sexuelle Orientierung, Meinung, Träume und Ängste schämen zu müssen. Mithilfe praktischer Alltagsübungen, Meditationen und inspirierender Anekdoten zeigt Nishimura einen heilenden Weg voller Harmonie und Selbstliebe.
»Wenn du dich entscheidest, deine Wahrheit zu leben, wirst du feststellen, dass es viele Menschen gibt, die dich so lieben, wie du bist. Es ist an der Zeit, sie zu finden.«
»Wenn du weißt, wer du bist, und das voll und ganz annehmen kannst, wird dir klar, wie sinnlos es ist, sich mit anderen zu vergleichen.«
Kodo Nishimura
Leseprobe
Meine Botschaft an die deutschen Leser*innen
Zu Deutschland habe ich eine besondere Verbindung, denn in ihren 30ern hatten meine Eltern zwei Jahre hier gelebt und wollten deshalb auch nach meiner Geburt ihnen vertraute Orte hier besuchen. Ich war etwa sechsmal in Deutschland und Österreich, und wir lieben die Menschen und die Atmosphäre sehr. Für die Familie Nishimura ist es eine große Ehre, ein Buch bei einem deutschen Verlag zu veröffentlichen.
Als meine Eltern in Deutschland lebten
Im Jahr 1980 erhielt mein Vater als Universitätsprofessor ein Stipendium von einer buddhistischen Schule (dem Reinen Land) für eine Forschungsarbeit zusammen mit einem Professor an der Göttinger Universität. Mein Vater freute sich sehr auf die Arbeit, denn deutsche Unis besitzen eine Menge buddhistische Bücher und Manuskripte aus dem alten Indien. Er war damals bereits mit meiner Mutter verheiratet, also machten sie sich gemeinsam auf den Weg nach Deutschland. Zunächst lebten sie in der Nähe von Mannheim, um Deutsch zu lernen. Später zogen sie dann nach Göttingen um.
In der Sprachenschule trafen sie auf Menschen aus aller Welt. Meine Mutter spricht immer noch gern von einer wunderschönen Mitschülerin aus der Türkei, die an keinem Tag dasselbe anhatte. Tagtäglich habe sie die Kleidung in einem neuen Style getragen, ohne dass es extravagant oder teuer ausgesehen hätte. Ganz zwanglos, aber immer wieder neu. Meine Mutter machte das sehr neugierig, sie stellte sich vor, dass die
Türkin aus einer wohlhabenden Familie sei. Ich höre gerne zu, wenn meine Eltern von ihren einzigartigen Mitschüler*innen aus der ganzen Welt erzählen. Auch ich liebe es, mich schick zu machen und ganz unterschiedlich aufzutreten. Ich halte es für unrealistisch und nicht nachhaltig, zahllose Kleidungsstücke zu besitzen, und finde es dagegen sehr motivierend, mich mit ein und denselben Kleidern unterschiedlich zu
stylen. Was meine Eltern beschrieben, war die Welt, widergespiegelt in einem kleinen Klassenzimmer. In den 1980ern gab es, glaube ich, noch nicht viele Ausländer in Japan, und ich bin froh, dass sie die Chance hatten, andere Kulturen kennenzulernen und ihren Horizont zu erweitern, denn die Weltoffenheit würden sie später für ihr Kind noch brauchen! So konnte ich selbst Unvoreingenommenheit lernen und das Gefühl erlangen, in der Debatte über die Diversität der Menschen und Kulturen etwas beizusteuern zu haben.
»Größe, Hautfarbe und Gesichtsform sagen nichts darüber aus, ob du schön bist oder nicht. Was dich leuchten lässt, ist das, was du aus dir machst.«