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Ihre eigene Familiengeschichte inspirierte Marie Sand zum Debüt über eine stille Heldin des deutschen Widerstands

Historische Romane führen uns in vergangene Zeiten und erzählen Geschichten, die nicht in Geschichtsbüchern stehen. Mit ihrem Debütroman »Ein Kind namens Hoffnung« taucht Marie Sand ein in die Geschichte einer Frau, die unter Einsatz ihres eigenen Lebens ein jüdisches Kind vor den Nazis rettet. Für die Berliner Autorin ist es besonders wichtig, authentisch zu bleiben und nichts zu beschönigen. Inspiriert von einer wahren Geschichte geht die leise Heldin ihres Romans bis an ihre Kräfte und darüber hinaus und wird damit zum Beispiel deutschen Widerstands.

Porträt der Autorin Marie Sand vor grauem Hintergrund

Marie Sand studierte Kunstgeschichte, arbeitete in Zeitungsverlagen und war 16 Jahre in einer politischen Institution im Medienbereich tätig. Zur Recherche und dem Schreiben ihres historischen Romans inspirierte sie ihre eigene Familiengeschichte. Ihre Großmutter war eine deutsche Köchin in einem jüdischen Haushalt und das Ehepaar, dem sie diente, wurde von den Nazis verschleppt. Das Schreiben des Buches ging an die Substanz, denn die Geschichte von Elly Berger ist berührend und der damalige Zeitgeist ein größerer Antagonist als die Figuren. 

Elly Berger wird 1900 in eine Pfarrersfamilie geboren. Wenn es nach ihrem Vater gegangen wäre, hätte sie studieren sollen, doch Elly hat nur einen großen Traum: Sie will Köchin werden. Es gelingt ihr, in Berlin eine Stellung bei der jüdischen Familie Sternberg zu finden, die ihr fortan ein Zuhause bietet. Vor allem dem kleinen Sohn Leon schenkt sie ihre ganze Liebe. Doch dann wird die Familie bei den Nazis denunziert und die Eltern verhaftet. Für Elly zählt nur noch eines: Sie muss Leon retten! Sie flieht mit dem Jungen, gibt ihn als ihr eigenes Kind aus und ist von diesem Augenblick an für lange Zeit heimatlos.

Die Geschichte von Elly Berger steht beispielhaft für all jene Frauen, die als Haushälterinnen, Kindermädchen und Köchinnen in jüdischen Familien arbeiteten. Als heimliche Heldinnen steckte in Ihnen bemerkenswert viel Menschenliebe und vor allem Mut, um Kinder vor der Verschleppung zu retten. Marie Sand hat Interviews geführt, in Tagebüchern gelesen, Fotos und Briefe gesehen und Danksagungen der Geretteten auf der Webseite der Gedenkstätte in Israel gelesen, um mit ihrer ausführlichen Recherche ein möglichst authentisches Bild deutschen Widerstands zu schreiben. Denn die Heldinnen von damals leben heute nicht mehr, ihre Geschichten werden überliefert von ihren Töchtern und den Enkelinnen, damit ihre Taten und Geschichten niemals vergessen werden.

                                                                                               Vier Fragen an Marie Sand

Sie nähern sich mit Ihrem Buch einem sensiblen Thema, einem Thema, das vom Widerstand der deutschen Köchin Elly Berger gegen die Nazis handelt. Sie nennen sie eine heimliche Heldin. Warum?

Elly Berger zeichnen Entschlusskraft, Mut und Treue aus. Treue auch zu sich selbst. Und sie zögert keine Sekunde, als Hitlers Schergen das jüdische Ehepaar, dem sie dient, verhaften. Sie rettet das Kind, den kleinen Leon. Weder denkt sie über Gefahr noch über Strafe und Verfolgung nach. Sie handelt – und wird lange Zeit heimatlos bleiben.

Gab es viele Hausangestellte, Kindermädchen, Köchinnen, die jüdische Kinder retteten? 

Ich weiß nicht, wie viele es waren. Aber ich habe in meinen Recherchen von diesen Geschichten erfahren und war beeindruckt, von dem Willen zum Widerstand, er geschah leise und im Verborgenen. Wahrscheinlich haben sich diese Geschichten ähnlich zugetragen wie die meiner Elly Berger. Einige Briefe von einst geretteten Kindern und von deren Nachfahren finden sich in den Aufzeichnungen der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem. Die Briefe zeugen von tiefer Dankbarkeit.

Elly Berger leistet wirklich Mutiges – aber sie spricht nicht darüber, bleibt in einer berührenden Weise bescheiden. 

Ja, unbedingt. Auch das ist ein Merkmal einer heimlichen Heldin. Ihre Motivation ist nie Anerkennung, und schon gar nicht der Applaus. Es ist eher die Genugtuung am Ende einer Lebensstrecke, die meine Heldin denken lässt: Dafür hat es sich gelohnt, die eigenen Träume aufzugeben. Eine heimliche Heldin handelt nach dem Muster des Herzens, und dort wohnen bekanntlich die hellen Gefühle wie Hoffnung und pure Liebe. 

Verbirgt sich in Ihrem Roman ein wahrer Kern?

Meine Großmutter war tatsächlich eine deutsche Köchin in einem jüdischen Haushalt – und das Ehepaar, dem sie diente, wurde von den Nazis verschleppt ... Mich haben ihre Erzählungen von damals zur Recherche, zum Schreiben inspiriert. Und rückblickend kann ich sagen: Es war ein Schreiben, das an die Substanz ging. Ich habe mich durch die dunkle Zeit des Zweiten Weltkrieges geschrieben, durch das kleine Leben der Elly Berger und habe doch die Zuversicht nicht verloren, dass es wieder hell werden kann für Elly und Leon. Eine Autorin fühlt, denkt, handelt wie die Figur, leidet mit ihr. Deren Schicksal geht ihr unter die Haut.

 

 

Paperback 15,99 €
E-Book 12,99 €